Bundeskabinett beschließt den Entwurf zum Selbstbestimmungsgesetz

Am 23. August hat das Bundeskabinett den Entwurf eines Gesetzes über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag und zur Änderung weiterer Vorschriften (Selbstbestimmungsgesetz) beschlossen. Das Bundesfamilienministerium und das Bundesjustizministerium haben gemeinsam den Entwurf erarbeitet. Transgeschlechtliche, intergeschlechtliche und nichtbinäre Menschen sollen in Zukunft die Möglichkeit haben, ihren Geschlechtseintrag im Personenstandsregister durch eine einfache Erklärung beim Standesamt ändern zu lassen.

Die wichtigsten Regelungen

Das Selbstbestimmungsgesetz soll das Transsexuellengesetz ablösen, das 1981 in Kraft getreten ist. Es gilt als entwürdigend, überholt und ist in wesentlichen Teilen verfassungswidrig. Das neue Gesetz ermöglicht es transgeschlechtlichen, intergeschlechtlichen und nichtbinären Menschen, ihren Geschlechtseintrag im Personenstandsregister durch eine einfache Erklärung beim Standesamt ändern zu lassen. Es soll keine Regelungen zu geschlechtsangleichenden medizinischen Maßnahmen treffen. 

Die wesentlichen Regelungsinhalte des Entwurfs sind:

  • Änderung von Geschlechtseintrag und Vornamen durch "Erklärung mit Eigenversicherung": Um eine Änderung ihres Geschlechtseintrags und ihrer Vornamen im Personenstandsregister zu bewirken, sollen transgeschlechtliche, intergeschlechtliche und nichtbinäre Menschen künftig kein gerichtliches Verfahren mehr durchlaufen müssen. Auch die Einholung von Sachverständigengutachten soll keine Voraussetzung mehr für eine Änderung sein. Ausreichend hierfür soll vielmehr eine sogenannte "Erklärung mit Eigenversicherung" gegenüber dem Standesamt sein. In der Erklärung hat die antragstellende Person zu versichern, dass die beantragte Änderung ihrer Geschlechtsidentität am besten entspricht und ihr die Tragweite der durch die Erklärung bewirkten Folgen bewusst ist.
  • Drei-Monats-Frist für vorherige Anmeldung: Die Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen soll drei Monate vor der Erklärung gegenüber dem Standesamt angemeldet werden.
  • Einjährige Sperrfrist für erneute Änderung: Für eine erneute Änderung soll eine Sperrfrist von einem Jahr nach der vorherigen Änderungserklärung gelten.
  • Für Minderjährige sollen folgende Regelungen gelten:
    • Für Minderjährige bis 14 Jahre sollen die Sorgeberechtigten die Änderungserklärung abgeben können; die Minderjährigen sollen sie nicht selbst abgeben können.
    • Minderjährige ab 14 Jahre sollen die Änderungserklärung selbst abgeben können. Deren Wirksamkeit soll allerdings die Zustimmung der Sorgeberechtigten voraussetzen. Die Zustimmung soll durch das Familiengericht ersetzt werden können. Maßstab dabei soll - wie im Familienrecht allgemein - das Kindeswohl sein. 
  • Eintragung als "Elternteil" in der Geburtsurkunde: Eltern soll die Eintragung "Elternteil" anstelle von "Vater" oder "Mutter" in der Geburtsurkunde ihrer Kinder ermöglicht werden.
  • Offenbarungsverbot: Um Personen vor einem Zwangsouting zu schützen, soll es - ähnlich wie im geltenden Recht - auch künftig verboten sein, frühere Geschlechtseinträge oder Vornamen auszuforschen und zu offenbaren. Wird eine betroffene Person durch die Offenbarung absichtlich geschädigt, so soll der Verstoß bußgeldbewehrt sein. Ein generelles Verbot des sogenannten "Misgenderns" oder "Deadnamings" ist im Entwurf für das Selbstbestimmungsgesetz nicht geregelt. 
  • Es wurden jedoch auch Ausnahmen vom Offenbarungsverbot geregelt. So ist sichergestellt, dass niemand sich durch Änderung des Geschlechtseintrags und seines Vornamens der Strafverfolgung entziehen kann. 
  • Hausrecht und Zugang zu geschützten Räumlichkeiten: Das Selbstbestimmungsgesetz wird das private Hausrecht und die Vertragsfreiheit unberührt lassen. Dies ist im Gesetzestext klargestellt. Auch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) wird vom Selbstbestimmungsgesetz nicht berührt werden. Hinsichtlich des Zugangs zu geschützten Räumen wird sich durch das Selbstbestimmungsgesetz also nichts ändern. Was heute im Rechtsverkehr zulässig ist, das wird auch künftig zulässig sein, was heute verboten ist, wird verboten bleiben. Auch die Autonomie des Sports soll durch das Gesetz nicht angetastet werden.

Quelle: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend